Wenn der Spaten immer schwerer wird…

Die Bedeutung des Gärtnerns für ältere Menschen ist unumstritten. Doch Gartenarbeit ist leider untrennbar mit körperlicher Arbeit verbunden, und die wird mit steigendem Lebensalter immer beschwerlicher.

In einer Befragung, die Dr. Werner Hurka gemeinsam mit Ing. Henning Milde in den Jahren 2001 und 2002 unter deutschen Freizeitgärtnern durchgeführt haben, wurde erstmals Art, Auslöser und Umfang von Beschwernissen erhoben, die mit dem Gärtnern Älterer einhergehen. In einer Informationsbroschüre der deutschen Gartenbau-Gesellschaft liegen diese in gedruckter Form vor.

Knochenarbeit Umgraben

Ganz oben in der Liste der körperliche Beschwerden und Schmerz auslösenden Tätigkeiten im Garten steht das Umgraben. 63% der befragten Frauen und 55% der Männer gaben an, unter dieser Gartenarbeit zu leiden. Bereits in der Altersgruppe unter 50 klagen die Hälfte aller Frauen und immerhin 37% der Männer über Beschwerden nach dem Umgraben, bei den über 70jährigen steigt der Anteil auf 66%. Demnach ist auch der Spaten jenes Handgerät, das am meisten Schmerzen auslöst.

Naturgemäß gärtnern

Dabei könnte man bei der Umsetzung der Erkenntnisse des biologischen Gartenbaues dem Spaten einiges an Auszeit gönnen. War es bis vor kurzem noch eine der wichtigsten gärtnerischen Arbeiten, im Herbst die Beete des Gemüsegarten und der Sommerblumen grob umzustechen und dem Frost die Feinarbeit zu überlassen, setzt sich nun immer mehr die Oberflächenlockerung durch. In einem gesunden, gut mit Humus versorgten Boden reicht es nämlich, mit Grabgabel oder Sauzahn zu lockern. Dadurch erspart man den Bodenlebewesen die zerstörerische Durchmischung. Denn beim Umgraben gelangen die tieferen Bodenschichten nach oben, oberflächige nach unten. Die Bodenlebewesen sind jedoch sehr spezialisiert und gehen bei dieser Umschichtung zugrunde. Die feinkrümelige Frostgare hält im Frühling leider auch nicht sehr lange an. Auch auf eher schwereren, lehmigen Böden funktioniert diese Vorgehensweise, doch ist wie gesagt eine gute Humusversorgung mit Kompost und eine konsequente Mulchung mit organischem Material wie Grasschnitt, Ernterückständen oder Rohkompost erforderlich.

Flächenreduktion

Doch entweder setzen sich solche Erkenntnisse nur schwer durch oder bleibt die Bodenbearbeitung trotzdem unzumutbare Belastung, denn über ein Drittel der in oben zitierten Studie befragten Frauen (24% der Männer) gab an, offenen Flächen bereits arbeitsextensiver gestaltet zu haben. Ein schwaches Drittel der Frauen (22% der Männer) hat überhaupt ihre Gartenfläche altersbedingt verkleinert.

Das Umgraben hat sicherlich auch etwas mit dem gepflegten und aufgeräumten Erscheinungsbild des Gartens zu tun. Auch wenn eine gemulchte Fläche naturgemäßer und für den Boden gesünder ist, vermittelt ein sauber umgestochenes Beet Ordnung. Und 40% aller Befragungsteilnehmer sind nicht bereit, Abstriche bei der Gartenarbeit zu Lasten der Ordnung und Aufgeräumtheit zu machen. Da spielen sicherlich auch psychologische Faktoren mit.

Baum- und Gehölzschnitt

Eine wenn auch deutlich geringere Belastung geht im Garten von Gehölzschnittarbeiten aus. Hierunter leiden im Speziellen Frauen: Ist es unter 50 Jahren nur jede zehnte Frau, die beim Gehölzschnitt Beschwerden hat, steigt der Prozentanteil bei den über 70jährigen auf 46%. Also fast jede zweite Frau über 70 hat körperliche Beschwerden durch Schnittarbeiten. Bei den Männern sind es hingegen nur 22%. Demnach liegt bei den Frauen auch die Säge mit 43% hinter dem Spaten an zweiter Stelle der Schmerzen auslösenden Gartengeräten. Bei Männern sind es nur 11%.

Die logische Konsequenz besteht in der Reduzierung der Bäume bzw. Sträucher. Das tun auch 36% der Frauen und immerhin noch 23% der Männer im Alter.

Doch es ginge auch anders: Durch Auswahl entsprechender Unterlagen können schwachwüchsige, kleinbleibende Obstbäume erzielt werden. Sie kommen meist sehr rasch in den Ertrag. Neben der geringer notwendigen Schnittarbeit haben sie außerdem den Vorteil, dass man zum Ernten keine Leiter braucht, ein verletzungsauslösendes Hilfsmittel, auf das nur zu gern verzichtet werden würde.

Auch bei den Ziergehölzen gibt es Arten mit geringerer Wuchsstärke, und große Bäume in kleinen Gärten sind ohnedies problematisch. Eine Rodung vor allem überalteter, bruchgefährdeter Bäume – soferne gesetzmäßig möglich – sollte überlegt werden.

Heckenschnitt

Ein Gerät, das bei Frauen auch deutlich häufiger Beschwerden auslöst als bei Männern (39% zu 21%), ist die Heckenschere. Gerade bei der Pflege hoher Hecken kommt es zu Beschwerden in den Schultern und im Nacken. Als Gegenmaßnahme sollten die Hecken nur so hoch gehalten werden, dass man beim Schneiden die Arme nicht höher als die Schultern heben muss.

Und mit der motorbetriebene Heckenschere haben ohnedies die Hälfte aller über 70 jährigen Frauen Probleme. Generell gaben Frauen an, bei der Benutzung motorbetriebener Gartengeräte (Rasenmäher, Vertikutierer) Beschwerden zu haben. Bei den Männern lagen die Prozentanteile deutlich darunter, nur die Heckenschere macht auch 27% der über 70jährigen Männern Probleme. Ein Austausch gegen eine pflegeextensivere, ungeschnittene Blütenstrauchhecke wäre – bei ausreichenden Platzverhältnissen zu überlegen.

Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die man setzen kann, um die Freude am eigenen Garten bis ins hohe Alter zu erhalten. Wie wichtig der Garten ist, zeigt die Antwort auf die Frage, wer das Gärtnern gänzlich aufgegeben hat. Von den befragten Männern hat bis zum Ende des sechsten Lebensjahrzehnt dies keiner getan, erst bei den über 70 jährigen haben 2% (3% der Frauen) diese Freizeitbeschäftigung eingestellt.

Konkrete Tipps, wie man sich im Alter die Gartenarbeit erleichtern und somit die Freude am Garten erhalten kann, lesen Sie in den folgenden Ausgaben von GARTEN+HAUS!

Ing. Elisabeth Kalous

Informationen aus:
Gärtnern im Alter
Die Bedeutung des Älterwerdens für das Gärtnern
Einflüsse auf Seele und Körper
Prof. Dr.med. Hartmut Radebold, Dr. Werner Hurka
Information der Deutschen Gartenbau-Gesellschaft, Juni 2003

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